Aktuelles: Bericht Montenegro - Trainingslager
und Etappenrennen "The Paths of King Nikolas" (10.-26.3.2006)

 

10.3.2006: Anreise, Teil 1
Martina und ich starteten am Nachmittag vollbepackt mit meinem kleinen Auto Richtung Niederbayern. Dort residieren landschaftlich schön gelegen mitten in der Pampa die Macher einer deutschen Renngemeinschaft mit Lizenz in Montenegro. Wir waren erstmalig mit Ihnen unterwegs und schon sehr gespannt.

Pünktlich zur ausgemachten Zeit kamen wir an und durften dann im eiskalten Regen im Auto stundenlang auf verspätete Rennfahrer warten. Der Teambus, betagt, aber praktisch ausgebaut, wurde beladen, alle Räder kamen auf das Dach und Martina und ich verzogen uns gleich mal in die eingebaute Doppelkoje.

An Schlaf war jedoch zu keiner Sekunde zu denken, es ratterte, vibrierte, schüttelte, man kannte die Fahrfähigkeiten der Fahrer nicht und es war eiskalt.

 

11.3.2006: Anreise, Teil 2
Die ganze Fahrt über regnete und schneite es mit einigen Ausnahmen heftig. Mit Tagesanbruch waren wir in Kroatien angelangt und ich entstieg meinem "Gefängnis", so genannt, weil der fensterlose Verschlag hinter einem Sitz und sehr niedrig unter einer zweiten Koje quasi wie ein geschlossener Kasten ist. Maximale Raumnutzung. Nach einem Tankstopp an der Autobahn Richtung Split übernahm ich das Steuer von einem anderen Rennfahrer, fuhr bis zur Dalmatinischen Küste und dann an dieser auf der Magistrala nach Süden entlang. Ein ewiges hoppeliges und kurviges Gegurke.

Reichlich übermüdet und momentan unkonzentriert passierte mir dann ein folgenschwerer Fahrfehler: in einer Kurve unterschätzte ich die Breite des Busses und streifte rechts einen Brückenbordstein. Dabei verabschiedete sich die Hinterradfelge samt Reifen. Am Vorderrad war eine Felgenbefestigungsschraube verbogen mit weiteren schlimmen Folgen, wie sich erst viel später herausstellte. Ein schöner Start in einer neuen Renngemeinschaft.

Noch viel später stellte sich dann auch noch heraus, daß der Bus unterversichert ist und daß die jeweiligen Lenker voll haftbar sein sollten. Eine entsprechende Info bei der Fahrzeugübernahme war bei mir nicht erfolgt.

Nach 1,5 h Reparaturaufenthalt ging es weiter. Wir durchquerten Bosnien, kamen an Dubrovnik vorbei, erreichten schließlich die Grenze zu Montenegro. Im schlimmsten Wolkenbruch wurde unser Bus von zwei Witzfiguren wahrscheinlich mit Seifenwasser gegen die Vogelgrippe "desinfiziert", wichtiger war nach diesem Negertrick wahrscheinlich die Zahlung von EURO 5.- in ein Zigarrenkästchen.

Wie immer an diesen komischen Grenzen wurde genau kontrolliert, vorsintflutliche 386er zu Rate gezogen, die Ausweise mit unleserlichen Stempeln befleckt. Schwere Sorgenfalten in den Gesichtern der Zöllner ließen sich oftmals durch Zahlung von irgendwelchen Straßenbenutzungsgebühren o.ä. mildern.........

Es regnete, was herunterging. So fuhren wir um den ganzen Fjord - übrigens der größte in Europa - herum, denn es war schon später Nachmittag und an Training nicht zu denken, so gab es wenigstens etwas Sightseeing. Nach genau 24 h im Auto ohne Schlaf ist man sowieso ziemlich balabala.

 

12.3.2006: Hotel, Essen, Service und 1.Training
Unser Hotel (2 Sterne), ein ehemaliges Sanatorium, war eher als rustikal zu bezeichnen. Frische, löchrige Handtücher gab es täglich und selten wurde eine Putzkraft beim Wischen erwischt (nur im Bad). Betten wurden nie gemacht. Klopapier nur auf Nachfrage. Die Dusche lief nicht ab, drehte der Nachbar das Wasser an, gab es ein mittleres Erdbeben. Die Heizung war ein Warmlüfter, der sich anhörte wie ein startender Düsenjet, wenigstens das Wasser war immer schön warm, zu Anfang ein wenig braun, das gab sich.

Das Essen war landesüblich und für Sportler eher nicht geeignet, steigerte sich aber leicht mit Fortdauer des Aufenthalts. Beispiel Frühstück: eine fette, warme Wurst in Plastikhaut mit reichlich Majo, dazu Papierbrot, eine Semmel pro Nase, etwas Butter, eine Kleinstportion abgepackter Marmelade, lauwarmer, vorgesüßter Tee. Kaffee gab es keinen. Nachfragen nach diesem, mehr oder anderen Sachen prallten einfach am durchweg unmotivierten, meist trotz Rauchverbotsschilder rauchenden Personal ab. Standardspruch: "Nema" (gibt es nicht).

Mittags und abends ähnliche Speisenzusammensetzung: Fettige Suppen, meist fettes Fleisch, nie Fisch trotz direkter Meereslage, wenig Kohlenhydrate, nur Konservengemüse und nichts Frisches außer Krautsalat. Den gab es allerdings immer. Trotz kleiner Tische wurden alle Gänge auf einmal gebracht, eine Eigenart. Die meisten Fahrer aßen inzwischen sowieso zusätzlich gekaufte Nahrungsmittel. Da relativiert sich ein billiger Vollpensionspreis recht schnell. Wenigstens gab es das Mittagessen auch nach langen Trainingseinheiten bis weit in den Nachmittag hinein.

Die gesamte Anlage hat schon weitaus bessere Zeiten gesehen, man könnte viel daraus machen, schließlich liegt das Ganze in einer wilden, schönen Landschaft. So aber wirkte alles verfallen und ungepflegt, Aufzüge funktionierten nicht, der Haupteingang (Glastüren mit Lichtschranke) mußte per Hand aufgestemmt werden, ging man in das Hotel, saßen dort meist zwei bis drei kettenrauchende Tussen, die man durch den Nebel kaum erkennen konnte. Ein günstiger Eindruck. Gut, daß wir nicht verwöhnt sind.

Trotzdem scheinen viele Ostblock-Rudermannschaften das Hotel v.a. wegen der meist glatten Wasserfläche des Fjords zu nutzen.

Trainiert wurde auch. 10 bis 12°C, anfangs trocken, später Nieselregen und viel Wind. Es ging meist flach um den Fjord und zurück. Die ersten Rad-km für Martina und mich! Ich kam mir dauernd vor, als hätte ich noch Ski an den Füßen, sehr ungewohnt.

 

13.3.2006: Vom Sturm und montenegrinischen Straßen
Trocken, 10° C, ungeheuer starker Bora-Wind, der die Leichtgewichte unter uns fliegen ließ........ Mit der anwesenden Schweizer Abteilung der GS3-Profis von Rietumu-Ideal bin ich die beiden ersten Berge der 1.Etappe abgefahren (200 und 700Hm), dabei schwante mir Übles. Besonders Peter und Laurent machten viel Tempo, es war schwer, die Beine schmerzten und abends taten mir prompt die Kniesehnen weh! Organisch war alles bestens, aber der Tritt stimmte eben noch nicht.

Die Straßen sind prinzipiell OK, jedoch tut sich unvermutet ab und an ein gähnendes Loch auf, in dem man tunlichst nicht parken sollte. Martina fuhr an einem solchen Krater in Budvar vorne und hinten auf einmal platt.......

 

14.3.2006: Ende 1. Dreierblock, von Hunden und netten Autofahrern
Trocken, sonnig, Wind normal, bis 15°C im Maximum! Einer der seltenen schöneren Tage, gut für die Moral. Fuhr heute wieder flach und leicht wellig um den Fjord herum. Da ist auch viel weniger Verkehr als am Meer entlang, außerdem wollte ich meine Kniesehnen schonen. Überdies gibt es ein paar wirklich schöne Flecken an dieser Strecke!

Die Einheimischen kennen keine Radfahrer und verhalten sich sehr oft äußerst rücksichtslos, besonders Lastwägen und Lieferautos. Es wird aggressiv gehupt à la "mach´ Dich weg von der Straße", sehr eng vorbeigefahren, blind überholt und wenn es nicht reicht, trotz Radfahrerpräsenz gnadenlos nach rechts gezogen. Ein Traum!

Doppelreihe fahren wagten wir schon gar nicht mehr. Peter, Laurent und ich fuhren hintereinander und wurden auf breiter Straße vorsätzlich von einem Lieferwagen geschnitten wie von einem anderen Stern, nur der Sprung auf den Bürgersteig rettete uns.

Nett sind auch die vielen Hunde, die einen jagen, z.T. organisiert im Rudel. Gerne springen sie einem auch in voller Fahrt suizidal seitlich in das Rad. Einige Tage später fand bei einer Etappe während des Rennens auf diese Weise so ein Köter den Tod........ Unser sportlicher Leiter wurde sogar beim Training gebissen.

 

15.3.2006: Ruhetag und Besuch Kotor
Pünktlich zum planmäßigen Ruhetag war es eiskalt, es regnete und es war ungemütlich. Nach dem Frühstück genehmigten Martina und ich uns zusammen mit einigen anderen Fahrern im Cafe nebenan erst mal einen solchen, ein Ritual, das sich dann täglich einbürgerte. Mit den anderen Rennfahrern verstanden wir uns alle sehr gut, auch nach dem Abendessen entwickelten sich immer recht nette Gespräche mit der sportlichen Leitung.

Dann gab es noch Bettruhe, Lesen, nachmittags ein Besuch der Altstadt von Kotor und eines Internet-Cafes, Spazierengehen, Materialpflege und schon war der Tag wieder um.

 

16.3.2006:
Kalt und trocken, wenig Wind, aber ungemütlich. Wieder einen langen Berg der Rundfahrt abgefahren, es kann einem himmelangst werden. Wir sind uns alle einig: für die Jahreszeit ist das Profil des anstehenden Etappenrennens bei weitem zu schwer.

 

17.3.2006:
Regen und Moral unten. Nachmittags kurze Regenpause, alle sind schnell auf das Rad gesprungen und wir wählten die Variante 5km Anfahrt zur (für Fahrräder kostenlose) Fähre, dann um den Fjord, etwa 1,5 h. Natürlich fing es nach der Überfahrt wieder zu pissen an, natürlich wurden wir naß, kalt und dreckig.

 

18.3.2006: Natur und Umwelt
Heute sind wir die beiden ersten Berge der 1.Etappe (200 und 180Hm) im Renntempo gefahren, das ging recht passabel! Später wieder einen längeren, passartigen Berg des Rennens, sehr schwer! Die alltäglichen Fast-Kollisionserlebnisse mit rücksichtslosen Autofahrern stumpfen ab und gehen auf die Moral. Dabei geht einem die aggressive Huperei direkt neben einem (!) stark auf den Geist, wozu das?

Die Karstlandschaft dieser Region mit der Meernähe und dem Fjord ist wirklich einzigartig, wild und schön. Auch die vielen alten Häuser, sofern wieder hergerichtet (selten) sind sehenswert. Die Menschen werfen allerdings jeglichen Abfall einfach in die Natur, alte Autos in irgendwelche Schluchten, Plastikmüll überall, schrecklich. Das Land eine einzige Müllhalde wäre zu hart formuliert, manchmal hat es aber den Anschein, wenn man genau hinsieht. Sehr schade.

Die Abwässer der Siedlungen gehen ungeklärt in den Fjord oder in das Meer. Angeblich ist der Fjord schon stark eutrophiert. Ein sehr großes Problem. Die vielen alten, stinkenden Autos tun ein übriges.

 

19.3.2006: aktive Erholung
Nach dem sehr harten Training gestern gab es heute ruhige, trockene 2 h bei 10°C, erst nach Tivat an das Meer, kurz ins Internet-Cafe, dann wieder rund um den Fjord inklusive Fähre, etwas Fotografieren. Wieder wurde ich mehrfach von Autos bedrängt und geschnitten. Für ein Trainingslager komme ich definitiv nicht mehr in dieses Land. Aus der Sicht eines trainierenden Athleten hält es überhaupt keinen Vergleich z.B. mit Mallorca aus.

 

20.3.2006:
Wieder kalt, trocken und windstill. Es ging in der Gruppe recht flott wieder einmal um den Fjord herum, nach knapp 3 h gab ich mir dann als Finale ein EB bergauf (0,5 h). Es geht recht gut, die Kniesehnen sind wieder OK, aber was ist an den ganz langen Bergen?

 

21.3.2006:
Alle Menschen rauchen hier, das ist wirklich auffällig. Überall hängen Rauchverbotsschilder, aber keinen kümmert das, das ist mehr als lästig. Heute ging es bei trübem Wetter wieder locker dahin (aktive Regeneration).

Noch nie habe ich in einem Land so viele Autos ohne Kennzeichen gesehen bei so hoher Polizeipräsenz......

 

22.3.2006: Anreise zum Etappenrennen
Vormittags wurde noch locker trainiert, dann alles zusammengepackt, verstaut und dann begann die kurze Reise via Tivat (Internet-Cafe) und Fähre in die Nähe von Herceg Novi, dem Startort der 1.Etappe. Dort war der gesamte Tross in einem großen Hotel untergebracht.

Es begann stark zu regnen und wir Fahrer versuchten, im Hof unsere Räder zu waschen und herzurichten, während um uns herum die Mechaniker der 13 Profiteams und etlichen Nationalmannschaften dies taten. Leichte Minderwertigkeitsgefühle machen sich da doch breit.

Zwischenzeitlich waren auch die letzten Rennfahrer eingetroffen, die nicht vorher zusammen mit uns im Trainingslager waren und unsere zwei deutschen, aber in Montenegro gemeldeten Renngemeinschaften ergänzten.

Zuerst aber gab es Probleme: unsere GS3-Profis sollten nicht starten dürfen, das sei nicht erlaubt in Mixed-Teams. Nach Mitternacht gab es dann ein Einlenken der Funktionäre. Kostet alles Kraft.

 

23.3.2006: 1.Etappe Herceg Novi - Bar, 140km und Schluß!
Frühstück war OK, zum Start war es einigermaßen trocken. Es rollte recht flott dahin, rund um den Fjord, der uns ja sattsam bekannt war. Unsere Mannschaften waren gleich von vielen Defekten betroffen, aufgrund eines selbst verschuldeten Organisationsfehlers hatten wir aber nur einen Bus, statt wie geplant zwei. So war nach drei Defekten und trotz halbstündigen Klinken- und Windschattenfahrens unser Jüngster gleich zu Beginn ohne Chance, die Karenz zu schaffen, die anderen kamen alle zurück.

Nach 1 h begann es kurz vor Kotor stark zu regnen. Direkt nach der Stadt begann gleich der erste Berg, 200Hm mit 5km. An einer sehr rutschigen Kreuzung in Kotor brachte mich ein Albaner aufgrund eines Fahrfehlers zu Fall. Es war nichts passiert, nur die Hüfte hatte ich mir am Bordstein stark geprellt und ich hatte momentan starke Schmerzen.

Bis ich wieder auf dem Rad war, ohne Schwung in die Steigung ging, meinen Rhythmus wieder fand bei stark schmerzender Hüfte, war die Begleitkolonne schon fast vorbei. Nur unser sportlicher Leiter mit dem Bus war noch hinter mir. Trotz meiner Meldung fuhr der aber einfach an mir vorbei, obwohl bei der flachen Steigung der Windschatten sehr viel gebracht hätte. Der Anschluß an die Kolonne war ihm wichtiger als sein gestürzter Fahrer, dabei hätte er gerade einmal 3-5km/h langsamer fahren müssen für einen Kilometer oder so.......

Vielleicht war aber auch eine Angst da, durch das halbstündige Klinkenfahren mit unserem Youngster das Toleranzbudget bei den Kommissären überreizt zu haben?

In der Abfahrt rollte ich einige Abgeplatzte auf. Diese wurden im Flachen von ihren Teamwägen alle in den Windschatten genommen und nach vorne gefahren, ich ging an zweiter Position hinter dem Auto fliegen. Nun war ich wirklich alleine, Fahrerfeld weg, Begleitwagenkolonne weg, eiskalter Regen, Gegenwind und leicht ansteigende Straße, Moral ganz unten. Keine Chance, wieder alleine den Wiederanschluß zu schaffen.

Auf einmal sah ich, daß unser Schweizer Christian Defekt hatte und unser Bus ihn versorgte. "Gerettet", dachte ich. Einen Kilometer später fuhr der Bus mit über 60 Sachen an mir vorbei, Christian im Windschatten, obwohl mich der Sportliche Leiter gesehen hatte. Diesmal opferte er mich wissentlich und vorsätzlich in dieser frühen Phase des Rennens und ich stand alleine in der Botanik. Christian hängte er später auch noch ab, der konnte aber wenigstens noch eine kleine Gruppe auffahren.

Reichlich angepisst fuhr ich nun 90km alleine, später zu dritt, die Etappe zu Ende. Es ging stark wellig und windig am Meer entlang, schließlich einen Pass mit 700Hm bergauf und wieder bergab. Im Ziel in Bar war die Karenzzeit schließlich um 4min verpaßt. Das war es für mich gewesen.

Im Ziel war außer meiner lieben Frau niemand mehr. Das beschriebene Hotel mit drei Häusern war eine Stätte des Chaos. Niemand wußte, wohin. Unsere Fahrer waren völlig fertig in ein fremdes Hotel eingedrungen, hatten sich nackt ausgezogen und in Wolldecken gewickelt, um nicht zu erfrieren. Es gab keine Heizung und kein warmes Wasser. Unsere sportliche Leitung war nicht zu sehen. Ein weiterer unserer Schweizer, Sergio, war in einem Massensturz verwickelt und wurde im Krankenhaus genäht und versorgt, auch für ihn war Schluß.

Fertig wie ich war, tankte ich mich durch das allgemeine Chaos und organisierte brachial ein Doppelzimmer für Martina und mich. Ein kleines Heizlüfterlein vermittelte die Illusion von Wärme, schon nach 2 h produzierte der Boiler lauwarmes Wasser. Noch nichts von meinem Rennausschluß wissend, wusch ich die ganze Dreckwäsche per Hand und hoffte auf Trocknung. Noch nach 4 h klapperten mir die Zähne.

Zum Abendessen gab es keinen Platz für alle Fahrer und einen unmöglichen Fraß. Unsere Leute gingen auswärts Spagetti und Pizza essen, ich würgte mich durch. Mir war alles egal.

 

24.3.2006:
Unserem SL sagte ich direkt ins Gesicht, daß er mein Ausscheiden zu verantworten hätte. Es ist international üblich, daß Gestürzte und Defektianten von ihren Teamwägen unterstützt werden, solange dies nicht kilometerlang geschieht. Das wird gemeinhin toleriert. Wenn man außerdem bei dieser Rundfahrt gesehen hat, wie da schamlos über lange Strecken mit Motorkraft gearbeitet wurde, ist mein Ausscheiden völlig überflüssig. Es scheint, wie sich in der Folge herausstellte, eine starke Phobie vor Strafen zu bestehen, denn auch meine Kollegen erhielten in den folgenden Tagen nie Unterstützung, auch wenn es nicht so kritisch war. Sergio als Fahrer des zweiten Busses machte es da schon deutlich rennfahrerfreundlicher.

Ob meine offenen Worte auf fruchtbaren Boden fielen, bezweifle ich eher. Auch Christian beschwerte sich vor aller Ohren.

Die heutige Etappe fuhr ich trainingshalber nach, wie alle anderen folgenden auch. Kost und Logis wurden Gott sei Dank weiterhin von der Organisation bezahlt. Die Streckenführung wurde jeden Tag härter und unsere Jungs litten Höllenqualen.

Nach dem heutigen Ziel in Budvar gab es noch einen Transfer nach Cetinje auf 750mNN. Das Grand Hotel hatte nach Monaten für uns aufgemacht. Es ging keine Heizung, es gab kein warmes Wasser, die Essensportionen waren mini und die Räder mußten wir in einem Rattenloch deponieren. Zwei Nächte waren wir dort. Wir schliefen im Trainingsanzug, mit Mütze und Handschuhen und drei Wolldecken. Nach einem Tag gab es wenigstens lauwarmes Wasser und der Miniheizkörper gab eine Ahnung von Wärme ab.

 

25.3.2006:
Die dritte Etappe war die absolut schwerste, auch diese gab ich mir zur Gänze, moralisch war es nicht einfach.

 

26.3.2006:
Nach der letzten Etappe kam ich 1 h später ins Ziel. Duschen, Essen, Zusammenpacken, Losfahren. Nach 23 wiederum schlaflosen Stunden waren Martina und ich wieder in München-Deisenhofen und ich hatte eine knappe Woche Zeit, um mich für die Rundfahrt in Griechenland zu regenerieren und das Kapitel Montenegro zu verarbeiten.

UPDATE 04.05.2011:
Wie man heute weiß, fuhr ich damals mit unentdeckten Herzrhythmusstörungen herum, damit waren die unerklärlichen Leistungsschwankungen erklärt!

(Fotos)