Aktuelles: Pressemeldung vom 30.8.2000: Hartmann Fünfter in Amberg

 

Hartmann 10 Meter vor dem Zielstrich überrollt
Deisenhofener Radprofi nahe wie nie am 1. Saisonsieg

Deisenhofen – Auch wenn Thomas Hartmann, der Altmeister in der deutschen Radeliteklasse, meint, seine derzeitige Superform sei noch steigerbar, nimmt dies dem für den TSV Unterhaching startenden Deisenhofener keiner so richtig ab. Seit sechs Wochen nun bringt Hartmann jede Woche mindestens ein Spitzenresultat und die Art und Weise, wie er diese offensiv meist im Alleingang herausfährt, läßt selbst die Konkurrenz erstaunt und respektvoll vermerken, daß es eigentlich längst Zeit sei für den fälligen Sieg.

Wenn das Feld nach Prämie oder Wertung etwas im Tempo zurücknimmt und Hartmann dann in seiner typischen Weise, sitzend, mit Schwung von hinten kommend und großer Übersetzung attackiert, kann ihn derzeit keiner halten. „Ein Phänomen“, sagte z.B. Sepp Tröster von Bikesport Regensburg, einer der besten bayerischen Straßenfahrer, „ich falle einfach vom Hinterrad weg, so schnell kann ich nicht fahren.“ 

Nachteil der Geschichte: solche Solos allein gegen ein ganzes Feld kann man nicht so oft bringen wie von einer helfenden eigenen Mannschaft angezogene Wertungssprints. So ist Hartmann zwar für seine publikumswirksamen Attacken sehr beliebt, in der Endabrechnung fehlen ihm aber fast immer ein paar Wertungspunkte zum Sieg. Seinen Sponsoren werden immerhin die plakativen, langen Einzelfahrten durchaus sehr recht sein. 

Vor dem Rennen in Amberg am vergangenen Sonntag orakelte Hartmann, daß mit ihm wohl nicht zu rechnen sei. Zu groß und breit die lange 2km-Runde, die Kurven voll durchzutreten und als Solist sei man immer im Blickwinkel des Feldes, die Durchschnittsgeschwindigkeit käme an die 50 km/h auf den 80km Gesamtdistanz hin. Tatsächlich hatte es in den vergangenen Jahren bei geschlossenen Fahrerfeldern immer wieder Massensprints bei den Wertungen gegeben. 

Die gab es auch dieses Jahr – zwei davon allerdings hinter dem Solisten Hartmann, der sich jeweils in Bahnverfolgermanier 3km vor der Wertung mit 60km/h aus dem Staub machte und so vor der letzten, doppelt zählenden Wertung mit 10 Punkten noch eine Chance auf den Sieg hatte. Die komplette Leipziger Formation mit 8 Fahrern zog auf den letzten 4km den Schlußspurt an, doch mußten sie 1000m vor dem Ziel Hartmann ziehen lassen, der scheinbar schmerzfrei mit dem größten Gang unter dem Jubel der Zuschauer dem Ziel entgegen raste.

Dahinter kam es jedoch zur Allianz der Helfer dreier Mannschaften, 10m vor dem Zielstrich, als Hartmann schon die Arme hochreißen wollte, überrollte ihn die Welle der Sprinter, statt Sieg nur der fünfte Platz, aber auch ungläubiges Kopfschütteln der Konkurrenz. Für die letzten sechs Rennwochenenden der Saison dürfte Hartmann der am besten bewachte Fahrer sein, dann wird es noch schwerer für ihn.