Aktuelles: Trainingslager Cesenatico 2003 - Das Tagebuch

 

28.2.2003: Anreisetag
Wir trafen uns am Postweg in Taufkirchen mit drei Autos. Fred, Chris und Hias fuhren beim Ferdl mit, Manuel, Dominik und Martina beim Thomas und Matthias, Nico und Till beim Martin. Alles kein Problem, wenn da bloß nicht die Räder wären. Martins Radständer war ein Vorkriegsmodell und so hatten wir unsere Probleme, aber wir als alte Bastler fanden eine Lösung.

Beflügelt von dem Gefühl, endlich dem Siffwetter in Deutschland zu entkommen, bogen wir auf die Autobahn ab. Verkehr war ok, Martins Radhalter allerdings nicht. So bekamen wir schon früher als erwartet Tills Rad zu sehen und zwar in der Waagerechten. Thomas dazu: “Als Tunnelabstandshalter doch nicht schlecht.“ Eine ruckartige Lenkbewegung und heftige Bremsung später standen wir auf dem Standstreifen und borgen Tills Rad. Nix passiert, war eh nicht mehr das neueste. Auf dem nächsten Parkplatz machten wir dann kurzen Prozess und zurrten mit Ferdls Hilfe alles zusammen. Dann zogen wir durch.

In Cesenatico irrten wir dann herum, bis wir endlich durch pures Glück das Hotel fanden. Merke: Folge nie den Schildern in Italien!! Vom Hotel waren wir dann alle ziemlich überrascht. Es machte seinem Namen („Hotel Palace“) alle Ehre, zumindest die Eingangshalle. Der Radraum ist einer Erwähnung wert, ein ganzer Raum, in dem normalerweise ein ganzes Buffet serviert werden könnte, gehörte jetzt unserem Material. Das sollte nicht so bleiben. Dann verdrückten wir noch ein halbes Abendessen und verschwanden auf den Zimmern.

 

1.3.2003: Erster Rad-(Schock-)Tag
Gleich am Morgen um halb 8 jagte uns der Thomas an den Strand und wir machten ein volles Stretchingprogramm, so wie wir es dann auch jeden Tag im Trainingslager durchzogen. Ab zum Frühstück mit typisch italienischen Sachen, Müsli, Schinken, usw. Alles in allem ausreichend.

Halb 10 auf dem Rad, da gab’s schon die ersten Verspätungsminuten. Kohle in die Mannschaftskasse. Moment, wo ist die eigentlich gerade???

Dann gleich in die Stadt, wenn man das so nennen kann und zwischen den Autos durch, Schlaglöcher links und rechts, hupende Autos und unsere Jungen (Manu, Dominik und Till) gaben erst mal Gas, also alles ganz ungefährlich. Unsere Hobbyisten (Fred, Ferdl) machten es sich erst mal hinten gemütlich und vorne rotierte die Jugend.

Thomas gab Anweisungen: links, rechts, geradeaus, zum Glück nicht alles auf einmal. Irgendwie quetschten wir uns dann durch den ganzen Dreck an der Küste entlang Richtung Rimini. Thomas lächelte verschmitzt und erklärte später, daß dies die Schockstrecke gewesen wäre, damit wir wieder lernen würden, auf dem Rad zu sitzen. Natürlich konnte noch keiner sagen, daß dies schon sein Rad war, aber das würde schon noch kommen.

Von der Hölle in den Himmel. Stichwort Via Panoramica. Auf diese bogen wir dann ab und genossen unser Sein bei lockerer Doppelreihe EB bergauf. Die Kleinen plus Hobbyisten, ab jetzt genannt „der Rest“, fuhren ihr Ding. Bei mir ging’s noch etwas zäh, kein Wunder nach zwei Wochen Virusinfektion, aber das gab sich auch. Wir fuhren ein Stück auf der Panoramica und dann wieder zurück, wobei der Herr Hartmann es wieder nicht lassen konnte, G2 zu fahren. Fazit des Tages: Aah, ich kann noch Radfahren und 5 Stunden noch dazu.

 

2.3.2003: Alle Radfahrer fliegen hoch. Stimmt ja gar nicht!!
Heute starteten wir wieder gemeinsam in einer Gruppe und rollten locker ins Novafeltria-Tal. Nach 2 h Nässe von unten und oben trennten wir uns. Die Männer fuhren Richtung San Leo, der Rest drehte ab, da sich schon Verschleißerscheinungen zeigten. Till mit Hungerast und dem Willen, nun endlich nichts zu essen.

Also rollten wir in lockerer Doppelreihe in den Anstieg von San Leo ein. Bald fuhr jeder seinen Rhythmus und alles fiel auseinander. Der Adler von Holzkirchen (Hias) machte seinem Namen alle Ehre und rollte alles von hinten auf. Im finalen Anstieg zur Burg hoch gaben alle noch mal Gas und wir „flogen“ über das Kopfsteinpflaster die steile Straße hinauf. Chris fühlte sich anscheinend stark, zog uns allen die Hosen aus und kam als Erster oben an. Und es sollte nicht das letzte Mal sein.

Dann fuhren wir die ganze Sache wieder runter, um in der Mitte der Abfahrt in den nächsten Berg einzubiegen. Nico hat die Sache anscheinend zu ernst genommen und überlastete sein Knie, was sich in starken Schmerzen äußerte. Also legten wir alles auf, was wir hatten und krochen den Berg hinauf. Oben angekommen stürzten wir uns in die Abfahrt, die sehr glitschig war. Das Regenwasser vermischte sich mit dem Sand und das sammelte sich in kleinen Straßenlöchern, was die Abfahrt sehr gefährlich machte.

Und prompt konnten es einige nicht lassen und legten sich flach. Ich war der Letzte in der Abfahrt und als ich in der Kurve ankam, stand der Martin schon an der Leitplanke und schaute ins Leere. Sofort wunderte ich mich, wo sein Rad abgeblieben war, aber zum Glück war es nur ein kleiner Sturz und sein Rad lag 3m weiter. Es war nicht sonderlich beschädigt, aber als wir weiterfuhren, schleuderte es ihn gleich wieder in der nächsten Kurve, diesmal konnte er es allerdings aussteuern. Glück gehabt und weiter nach San Marino hoch.

Oben angekommen, sah man nicht viel, also fuhren wir gleich wieder ab und zwar über die „Autobahn“. Das hieß Heizen bis zum Abwinken, denn die Straße war breit und trocken.

Fazit Thomas: „Na, heute bringe ich aber ein Lazarett heim.“ Ein Gestürzter, ein Knieverletzter und ein paar Hungerastleichen nach 5,75 h haben doch auch was!?

 

3.3.2003: Ruhetag
Nachdem gestern schon der Siff regierte, wurde es noch schlechter und wir beschlossen wegen unserer Verletzten einen kompletten Ruhetag einzulegen. Wir zogen dann ein bißchen durch die Gegend. Shoppen im Radgeschäft, Decathlon, Romagna Center. Nachmittags dann Materialtuning: „Wie wechsle ich einen Schlauch“ unter der Leitung von Thomas „Stahlnerven“ Hartmann. Fazit: Nichts Spektakuläres, aber dafür schwere Beine.

 

4.3.2003: Endlich Radfahren
Heute ging’s endlich richtig los und zwar nicht zu schwach. Thomas hatte einen Bergrundkurs ausgemacht, der nach Verrucchio hoch führte. Die Männer fuhren den 2,8km-Anstieg fünf Mal. Der Rest nur zwei Mal. Bei uns war KmR3 angesagt, also dicker Gang und hochwuchten. Das Ganze, bis wir richtig Spaß hatten und dann weiter ins Novafeltria-Tal. Da wartete schon der nächste Berg auf uns. Il Grillo nennt sich der eher flache, kurze Anstieg, optimal für KmR4. Abfahrt nach Ponte dell’Uso und gleich den nächste Berg hoch, zur Abwechslung mal mit KmR3 im Stehen (den ganzen Berg hoch!!!).

Nach einmal Wassertanken und Snakebite beim Thomas („Habe keinen Schlag gespürt.“???), dann befanden wir uns auf der Spitzkehren-Abfahrt schlechthin. Guter Belag, also rein in die Kurven. Sollte halt bloß kein Bus entgegenkommen. Unser Gestürzter und der Adler machten noch etwas langsam, war auch besser so. Da es schon sehr spät war und wir Spaghetti vorbestellt hatten, fuhren wir auf dem schnellsten Weg über Cesena zum Hotel. Fazit: 6 h, gutes Wetter und viel KmR.

 

5.3.2003: Härtetest
Für heute war eine große Runde geplant, die uns unter anderem über den Carpegna führen sollte. Wir fuhren wieder als geschlossene Gruppe los Richtung Borghi. Dann über einen Bergrücken weiter nach Sogliano al Rubicone. Gruppe 1 fuhr KmR3 und der Rest normal. Teilweise wurde von den Kleinen ein wirklicher Propellergang gefahren, wobei der Till die beiden anderen Jungs ziemlich stehen ließ. Armer Manu.

In Sogliano trennten wir uns und Gruppe 1 fuhr weiter Richtung Barbotta. Es ging immer hügelig dahin und wir fuhren nun G2-Zf. Dann kam eine kräftige Rampe mit einigen Serpentinen und 18%. Oben angekommen, machten wir PP, als plötzlich der Manu von hinten angeschossen kam. Respekt vor dem kleinen Bergfuchs. Wir fuhren aber alleine weiter nach Petricara. Von dort aus runter nach Novafeltria und gleich wieder hoch nach Penabilli.

Ab Penabilli begann dann der Anstieg zum Carpegna und wir fuhren wieder KmR4. Allerdings diesmal auf der kleinen Scheibe, denn der Anfang war ziemlich steil. Oben raus konnte man wieder die Scheibe auflegen. Auf 1007mNN genossen wir dann bei einer Defektpause die Sonne und die Wärme. Auf der anschließenden Abfahrt verloren wir viele Höhenmeter, die wir beim Anstieg nach Villanova (1014mNN) wieder reinholten. Wegen der allgemeinen Breitheit diesmal ohne KmR.

Auf der Abfahrt nach San Leo gab’s dann Tandemschulung für unsere beiden Abfahrtssorgenkinder. Martin hing beim Thomas hinten dran und Hias beim Chris und ich alleine, so rollten wir den Berg hinunter ins Tal. Die Abfahrt war trocken und es gab schnelle Kurven, also viel Spaß. Fazit: 6,25 h, Sonne und viele Höhenmeter mit einigen Hungerastopfern.

 

6.3.2003: Medium-Ruhetag
Heute war ein bißchen Relaxen bei 3,25 h G1 angesagt. Wir übten den Belgischen Kreisel in einer großen Gruppe und es lief eigentlich ganz gut. Nico, Martina und Fred fuhren eine extra Tour im KB-Bereich mit Cappuccino-Pause. Diese tat dem Nico und seinem Knie anscheinend nicht besonders gut und er bekam wieder Schmerzen.

Am Nachmittag nutzten wir noch die Kontakte vom Thomas aus seinem Rennfahrerleben, nisteten uns in der Bekleidungsfabrik Alexander ein und kauften kräftig. War zwar nicht ganz billig, dafür aber sehr gute Qualität.

 

7.3.2003: EB
Heute ging’s richtig los mit dem Radfahren. EB war angesagt bei neblig-regnerischem, aber warmen Wetter. Wir hatten eine spezielle 5km lange Strecke dafür ausgesucht und rollten mit der ganzen Gruppe dorthin. Was mich besonders freute, war das alle (!!) mitzogen und mindestens zwei EB's fuhren.

Die Elitefahrer und Martina zogen in einer eigenen Gruppe drei EB-Einheiten durch, wobei immer Doppelreihe gefahren wurde. In der Führung EB, dahinter G2. Einige Leute hatten besonderen Spaß daran, sich gegenseitig zu quälen. Als Finale fuhren dann die Männer eine 8km Strecke in der Reihe als EB-Einheit. Danach waren alle total breit und es ging wieder zurück zum Hotel. Fazit: Vier EB's in 4,25 h inklusive totaler Erschöpfung.

 

8.3.2003: Cinque Colli
Heute gaben wir uns den Rest. Gruppe 2 war schon nach einem Berg fertig und fuhr nach Hause. Die Männer zogen noch mal durch und zwar nicht zu knapp. Insgesamt ging es über fünf Berge. Der erste war der Montebello, der leider überhaupt nicht schön war. Steile Rampen zwangen einen zum Aufstehen und zum Schluß noch eine Sandstraße zur Burg hinauf. Hias machte mächtig Dampf, was noch seine Folgen haben sollte.

Die Abfahrt hingegen war der helle Wahnsinn. Mit 60 in die Kurve, die man leider nicht einsehen konnte, dann kam noch ein Auto auf der schmalen Straße entgegen. Kurzer Blick um die Kurve und dann voll in die Eisen, rum um die Spitzkehre und so ging’s 3km lang, bis die Felgen nur so glühten.

Nächster Berg war wieder mal San Leo, diesmal allerdings von der anderen Seite. Vom Fuß des Carpegna aus fuhren wir Richtung Villanova. Gleichmäßig ging es bergauf bei Sonnenschein und gemütlicher EB-Einlage. Oben waren dann alle schon ziemlich breit. Abfahrt über San Leo und gleich über den nächsten Hügel.

Den Il Grillo bezwangen wir wieder mit Leichtigkeit. Erneut ging es runter nach Ponte dell’Uso und sofort stand der nächste Berg an. Der Montetiffi stellte sich als ein zähes Ding heraus. Spruch des Tages vom Chris im Anstieg des Montetiffi : „Es geht zu Ende.“ Wir würgten uns nach oben durch und stellten fest, daß es nicht mehr der kürzeste Weg nach Hause war. Nach einem weiteren Anstieg waren alle total fertig und wir fuhren in die letzte Abfahrt. Auf dieser wurde noch die Festigkeit der Felgen und der Grip von Baustellenkies getestet, dann waren wir unten.

Die Rückfahrt war relativ komfortabel, da uns eine Italiener-Gruppe aufrollte. Wir hängten uns also hinten rein und ließen uns ziehen. Der Fahrstil ließ allerdings sehr zu wünschen übrig. Mist, wenn die C-Fahrer in den kommenden Rennen auch so wackeln, dann haben wir ein Problem. Fazit: 6,5 h und total blau.

 

9.3.2003: Abreise
Noch mal 3,25 h G1 heute. Jeder von Gruppe 1 war allerdings schon ziemlich am Ende, unser Verletzter allerdings noch nicht. Der fuhr wie ein Bekloppter und hatte keine Schmerzen mehr. Die Rückfahrt erfolgte wieder mit derselben Besetzung und es gab nichts Spektakuläres, außer daß wir uns bankrott über den Brennerpass retten mußten.

 

Autor: Matthias Fehr

(Fotos)