Diplomtrainer und Sportheilpraktiker: Aufsatz und Updates zur Dopingproblematik von Thomas Hartmann (Januar 2000)

(Hinweis: Der Text gibt nur die persönliche Ansicht des Verfassers wieder!)

 

Wer zur Zeit das Geschehen in den Medien verfolgt, wird - selbst wenn er dies in passiver Weise tut - in dieser "EPO-che" das Geschehen im (Rad-) Sport immer mit dem Begriff Doping zusammen erwähnt finden.

Es ist unbestritten, daß mit dem Beginn des Leistungsgedankens in unserer Gesellschaft, aber wahrscheinlich seit den Anfängen der Menschheit überhaupt der menschlichen Leistungsfähigkeit bis heute in allen Lebensbereichen nachgeholfen wurde, beileibe nicht nur im Bereich des Sports.

Das Trinken mehrerer Liter Kaffee und Tee am Tag, das Einnehmen von Schmerz- und Aufputschmitteln, das chemische Niederknüppeln von aufkommenden Bagatellkrankheiten, das Einnehmen von Modedrogen, u.a.m. ist irgendwie systemimmanent und fällt schon gar nicht mehr auf.

Warum aber wird selbiges Tun im Sport, in seiner ganzen Bandbreite von ungewollt bagatellartig bis geplant, vorsätzlich und schwer wettbewerbsverzerrend, ketzerisch verfolgt und gerät derart in den Brennpunkt des Interesses? Der Sport, der doch per se auch nur eine Facette unseres Lebens darstellt? Sportphilosophen und ­soziologen haben darauf schon viele Antworten gegeben, oft schwer nachvollziehbare.

Ich glaube, daß der Leistungssport eines der letzten Abenteuer in unserem oft so langweiligen und vorbestimmten Leben darstellt. Vieles wird hier mystisch verklärt, das Ganze auf eine Empore gehoben. Und von dort oben steht man eben über dem Alltagssumpf, dort ist nur Platz für Helden oder wenigstens heldenhaft kämpfende Verlierer.

Bei all dem Pathos wird nur leider oft vergessen, daß der Kommerz den Sport längst eingeholt hat und ­ klatsch ­ liegt der wieder im Sumpf. Bei Topleistungen geht es um Geld, oft viel Geld, zu gewinnen oder zu verlieren von Berufssportlern, die damit einer gewaltigen Versuchung einer künstlichen Leistungssteigerung ausgesetzt sind. Und so ist der Sport wieder ganz einfach ein weiterer Wirtschaftszweig geworden, ein Kalkül von Aufwand und Ertrag, und ist komplett zu entmystifizieren! Die meisten Leute wollen das nicht wahrhaben.

Damit wir uns richtig verstehen: auch ich glaube, daß der Sport etwas besonderes darstellt, nicht nur aus dieser professionellen, rein rationellen Sicht zu sehen ist, denn sonst wäre der Leistungssport schon tot. Die Identifikation der vielen Fans mit ihren Sportlern, die Emotionen, die Bewunderung, es ist ein vielseitiges Geben und Nehmen zwischen den Sportlern und den Zuschauern. 

Deshalb glaube ich trotz des knallharten monetären Hintergrunds immer noch an die Ethik im Sport, glaube an den ehrlichen Wettkampf und an das letzte Abenteuer und auch daran, daß die Fans ein Recht darauf haben, davon ausgehen zu dürfen, daß diese sportlichen Leistungen ehrlich erbracht worden sind. 

Heutzutage muß sich ein Sportler im modernen Hochleistungssport schon schämen, wenn er eine ungewöhnliche und möglicherweise saubere Topleistung erbringt! Es ist Fakt, daß er dann nur eine geteilte Anerkennung vorfindet, weil niemand mehr zwischen Tätern und Opfern unterscheiden kann.

Betrachten wir einmal ganz ehrlich und emotionslos den status quo: 
Alle Sportarten sind von der Weltspitze bis tief in die Basis hinein verseucht und zwar in einem monströsen Ausmaß.

Man muß mit einem geradezu vorsätzlichen Wahrnehmungsblackout geschlagen sein, wenn man der Meinung ist, daß die Funktionäre nicht alle im besten Wissen um den epidemischen Medikamentenmißbrauch sind. Nicht daß sie der Einzelfall interessieren würde, denn dafür gibt es die encourtage tiefer (Ärzte, Masseure, soigneurs, Betreuer, etc.), aber die Leistung muß stimmen, denn nur Rekordleistungen lassen sich vermarkten und bringen den Geldkuchen, von dem alle naschen.

Deshalb gibt es m.E. eindeutig ein strategisches Aussitzen der Dopingproblematik seit vielen Jahren, sportpolitisch ist Doping zumindest geduldet, gehört zum Geschäft und ist ein lästiges Randthema, ein Kavaliersdelikt wie innerörtliche Geschwindigkeitsüberschreitung. Immer öfter hört man von unter den Teppich gekehrten Dopingfällen, die auf den ungebrochenen Mißbrauch hindeuten.

Athleten, die auf Mißstände verweisen, werden zurückgepfiffen, mit schlichten Behauptungen und juristischem Geplänkel kleingehalten oder schlimmer noch, von den eigenen Kollegen als Nestbeschmutzer gemobbt.

Das herrschende Klima von Mißtrauen und Verdächtigungen, die vielen aufgedeckten Fälle der jüngsten Vergangenheit auch von absoluten Bannerträgern des Antidopingkampfes führt zur Isolation des einzelnen Athleten in dieser Frage. Sich möglichst nicht zu viele Fragen stellen, immer schön "kontrollnegativ" bleiben, auch wenn die Justiz haufenweise verbotene Medikamente findet, ansonsten seine Leistung abliefern - der Sport allgemein bewegt sich mit dieser Geisteshaltung unaufhaltsam auf den Abgrund zu.

Vielleicht wird jetzt den Funktionären, die angesichts der Millionen, die sie bewegen (und nicht in effiziente Dopingforschung stecken) schon längst nicht mehr als Ehrenamtliche gelten dürfen, von der Justiz kräftig Feuer unter dem Hintern gemacht: 

Ich selbst bin ein absoluter Verfechter eines knallharten Durchgreifens der Exekutive im Sport, selbst das Auftreten von unangenehmen, die persönliche Freiheit des Einzelnen sogar teilweise einschränkenden Maßnahmen ist notwendig und selbstreinigend im Kampf um die Glaubwürdigkeit im Sport. Wer nichts zu verbergen hat, wird sich letztendlich sogar gerne diesem Kontrollprozess unterwerfen!

Doping muß für alle Beteiligten konsequent von der Politik unter Strafrecht gestellt werden. Bis jetzt werden nur weder europaweit geschweige den international abgestimmte Minischritte in die richtige Richtung unternommen. Jüngstes Beispiel in der BRD ist ein Beschluß des DSB, daß die Fachverbände bei Weitergabe von Dopingmitteln durch Ärzte und Trainer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu stellen haben. Fragt sich, warum eigentlich nicht auch gegen Sportler und warum nicht schon bei Besitz? Warum nicht konsequent, auch wenn uns erst einmal viele andere Nationen auslachen und wir vorerst unsere Spitzenstellung im Weltsport verlieren?

Es ist kurz vor zwölf, wird das eigentlich bemerkt? Niemand reißt es heute mehr vom Hocker, wenn wieder ein Athlet auffällig geworden ist, die andauernden Pressemeldungen lassen die Menschen abstumpfen, für die Masse ist Hochleistungssport gleichzusetzen mit Spritzen- und Pillensport. Aber das ist eine bedenkliche Entwicklung hin zum modernen Gladiatorentum:

Die absolute Ablösung der kleinen Weltspitze als Showtruppe von der Basis führt zum Ausdünnen im Nachwuchsbereich und zum Aufklaffen der Leistungsschere. Kein Normalmensch will sich mehr wie früher mit seinem Idol identifizieren geschweige denn, ihm unter solchen Vorzeichen nacheifern. Erlischt aber das Interesse der Allgemeinheit am Sport oder konzentriert es sich zu sehr auf einige wenige Bereiche (z.B. Formel 1), so wandert auch die Sponsorenunterstützung ab und damit unmittelbar das gesamte finanzielle Förderwesen. 

Auch die Politik wird sich in diesen (Spar-) Zeiten allmählich die Frage nach dem Wert des Sports für die Volksgesundheit und der Sozialhygiene stellen müssen und ohne staatliche Fördermittel geht allen Sportverbänden das Licht aus. Der Leistungssport sägt mit seinen derzeitigen Usancen an dem Ast, auf dem alle sitzen!

Unter diesen Umständen muß man auch die öffentlichen Medien, insbesondere die Presse verstehen. In einer demokratischen Gesellschaft mit Pressefreiheit ist es sogar deren Aufgabe, solche Mißstände aufzudecken, selbst wenn man es ob der Häufigkeit und der teilweisen Einseitigkeit mit dem Radsport als fast dem alleinigen Ziel schon nicht mehr wahrnehmen möchte.

Dabei ist aber an einige Vertreter dieser Gattung der gleiche Vorwurf zu richten: unser auf finanzielle Optimierung angelegtes System generiert auch schlecht recherchierte Sensationsberichte, die einfach nicht sein müßten, Reporter, die in Hotelabfällen herumwühlen, in Hotelzimmer von Sportlern eindringen und deren persönliche Utensilien durchstöbern und anderes unmögliches Verhalten mehr. Hier müßte genauso ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben werden. Ich warte auf den ersten krankenhausreif geprügelten Reporter!

Wenn also Ärzte Gefahr laufen, ihre Approbation zu verlieren, Trainer Berufsverbot erhalten, Sportler mehrjährig vom Sportbetrieb ausgeschlossen werden, alle Personengruppen strafrechtlich belangt werden können bis hin zu hohen Geld- und Gefängnisstrafen, dann wird es sich jeder zweimal überlegen, was er tut.

Daneben müßte selbstverständlich unser marodes Dopingkontrollsystem verbessert werden. Bei den heute vorherrschenden Modedrogen sind die gängigen Verfahren reine Alibikontrollmechanismen. Doch selbst die traditionelle Urinprobe im Radsport wird nicht konsequent angewandt, überraschende Dopingkontrollen bei Radrennen, die nicht im internationalen Kalender stehen, muß ein Sportler so gut wie nicht fürchten, unangekündigte Trainingskontrollen, die für dieses Jahr z.B. schon für alle A-Elitefahrer angekündigt wurden, bleiben leider für den Großteil aus.

Dabei würden alleine schon bei einer überraschenden Urinprobe sehr viele Sportler der zweiten und dritten Reihe, die mit aller Gewalt nach vorne kommen wollen, im Netz hängen bleiben. EPO, HCG, PFC, synthetisches Hämoglobin, die neuesten Errungenschaften der Gentechnik, all dies ist irrsinnig teuer und für die angesprochene Zielgruppe gar nicht finanzierbar. Also wird ganz traditionell  präpariert: Amphetamine, Ephedrin, Anabolika, Psychopharmaka, alles in einer Urinprobe nachweisbare Medikamente. Wie sehr würde ich mir bei einem gut dotierten Radkriterium einmal so eine überraschende Kontrolle wünschen!

Ich erinnere mich da an eine Begebenheit vor vielen Jahren bei einem hochdotierten Kerwe-Radrennen in der Pfalz mit ob der hohen Preis- und Prämiengelder stärkster Besetzung. Eindeutig fackelte da die Luft, als plötzlich während des Rennens eine Dopingkontrolle überraschend angekündigt wurde. Spürbar dünnte das Fahrerfeld von Runde zu Runde mehr aus, zum Schluß sprinteten vielleicht noch 20 Fahrer um den Sieg! Das ist natürlich negative Publicity und wer will die wirklich? Wenn aber das Risiko für die Fahrer unkalkulierbar wird, dann kommt so etwas nicht vor.

Zurück also zu den Kontrollverfahren. Da hat sich Anfang 1999 Dramatisches getan, aber auch Symptomatisches: 

Prof. Strasburger von der Münchner Uniklinik hat einen validen Test entwickelt, der es erstmals möglich macht, gentechnisch produziertes und von der Hirnanhangsdrüse hergestelltes HGH (= human growth hormon) zu unterscheiden. Aufgrund der Relevanz zum Erythropoetin (EPO) wäre es ihm nach eigener Einschätzung möglich, mit drei Fachleuten und einer Million Mark innerhalb von sechs bis zwölf Monaten auch hier einen trennscharfen Test zu entwickeln. Doch das IOC mit seinen nachgeordneten Verbänden torpediert den Forscher, in unserer heutigen Situation geradezu eine Schande!
(Quelle: Der SPIEGEL, Ausgabe 20/1999: "Wow, das ist starker Stoff!".

Sicherlich wird es immer Stimmen geben, die auf das zeitliche Nachhinken von Kontrollverfahren zu den neuesten Mitteln hinweisen. Aber was ist das für eine Einstellung, soll man deshalb Doping freigeben? Dann wäre man beim o.a. Sportgladiatorentum! Wenn man wirklich mit aller Konsequenz, politisch gewollt und mit allem finanziellen Nachdruck forschen würde, würde sich auch diese Zeitspanne dramatisch verkürzen, davon bin ich fest überzeugt.

Der jetzige Bluttest mit der willkürlichen Festlegung auf 50% Hämatokritwert (47% bei Frauen) ist nur ein Notbehelf und dabei noch manipulierbar. So wurde bereits wissenschaftlich nachgewiesen, daß das Trinken von einem Liter Kochsalzlösung und 10 Minuten Kopfstand vor dem Test den Wert um 3 % drücken kann. Und wenn es sehr pressiert, kommt die sog. "Schußinfusion" zur Anwendung (Salzlösung). Bestens "bewährt" haben sich auch blutverdünnende Medikamente wie Aspirin und Plasmaexpander.

Aber EPO gehört sowie schon eher zur Grundausstattung und ist nichts besonderes mehr, auch nicht in Kombination mit HGH (wo die betreffenden Delinquenten das notwendige Geld für die Beschaffung hernehmen, wird mir immer ein Rätsel bleiben). Mittel wie PFC (= Perfluorcarbon), als "Kunstblut" aus dem militärischen Bereich akquiriert, wobei das Fluor zusätzlich Sauerstoff im Gewebe bindet, gleichzeitig aber Hämoglobin und Höhe des Hämatokritwertes unverändert bleiben, zeigen die gefährliche gentechnisch orientierte Richtung. 

Nun ist PFC wegen seiner lebensgefährlichen Nebenwirkungen und seiner Nachweisbarkeit zwar schon wieder aus der Mode gekommen, mit dem sog. "Designerhämoglobin", bei dem eine Injektion den stolzen Schwarzmarktpreis von 1.500 Schweizer Franken kostet, steht das nächste Gentechnikprodukt vor der Tür und man weiß nicht, was noch alles.

Wenn der Kampf gegen den Drogenmißbrauch im Sport auch (sport-)politisch wirklich gewollt wäre, gäbe es ein relativ einfaches Mittel: es wäre medizintechnisch kein großes Problem, entsprechende Produkte schon bei der Herstellung zu markieren (Isotope), der Nachweis der Marker wäre billig und einfach. 

Neben der Gefahr, daß dann der Schwarzhandel mit Produkten aus "Nachbaulaboratorien" der dritten Welt blühen würde, müßte auch einmal die Industrie eindeutig Stellung beziehen. EPO z.B. soll das umsatzstärkste Produkt in Europa sein, markern hieße also Umsatzeinbrüche und Geld ist bekanntlich das wichtigste von allem ......... Trotzdem wäre es m.E. ein gewaltiger und vor allem machbarer Schritt nach vorne.

Besorgniserregend ist einfach die Tatsache, daß der Charakter des Dopings sich so grundlegend gewandelt hat. Verwendet werden heute überwiegend Hormone, per se feinste chemische Botenstoffe des Körpers auf seiner zentralen Hormonachse, die in geringsten Konzentrationen im Körper auftreten und deren Zusammenspiel mitnichten wissenschaftlich gänzlich erforscht ist.

In der modernen Dopinghexenküche aber werden die Produkte kombiniert und in gewaltigen Überdosierungen genommen, eventuelle Spätfolgen werden verdrängt, aktuelle Auswirkungen wie das Wachsen der Akren (= Körperendigungen, z.B. Kiefer, Ellenbogen, Füße, Hände, Stirn) ignoriert. Menschen, die aufgrund einer medizinisch nicht indizierten Applikation von Medikamenten im zarten Alter von 30 ein plötzliches Längenwachstum aufweisen, alle Jahre eine Schuhnummer größer brauchen oder plötzlich eine Zahnspange notwendig haben, müssen sich leider mit Fug und Recht als Monster bezeichnen lassen. 

Corticosteroide, anabole Steroide, EPO, HGH, HCG, ACTH, IGF 1, Antibiotika und Globuline, Antidepressiva, Antiphlogistika, uppers and downers, stärkste Appetitzügler ............... hört sich alles sehr nach Frankenstein an. Es reicht! Ich bin mir sicher, viele Fahrer haben Angst, wollen raus aus der Zwickmühle, haben es auch satt, ihr mühsam erarbeitetes Geld zu 100% wieder in Drogen zu investieren. Und das wird in allen anderen Sportarten genauso sein!

Die Zeit ist reif, alle müßten es anpacken, an allen Fronten müßte der ehrliche Kampf aufgenommen werden! Ob es gelingt? Aus meiner heutigen Sicht als Athlet und Diplomtrainer kann ich keinem jungen Menschen mehr mit ruhigem Gewissen zu einer Karriere im Hochleistungssport raten.

 

Update vom 27.6.2000:
Endlich, es scheint ein Urintest gegen exogenes EPO gefunden worden zu sein! Schon stehen aber wieder viele "aber" im Raum. Mit dem Test kann die Applikation nur maximal drei Tage lang zurückverfolgt werden, also wird man weiter mit EPO bis kurz vor dem angestrebten Höhepunkt arbeiten, um dann mit einem möglichst hohen Wert die Hämatokriteingangskontrolle z.B. bei den großen Rundfahrten zu passieren.

Überraschende Trainingskontrollen auch gegen EPO müssen also her. Der Test ist jedoch langwierig und teuer, die Kapazitäten (noch) sehr begrenzt. Und leider: EPO scheint inzwischen schon wieder Kindergeburtstag zu sein. Mit diesem Medikament nahm man Einfluß auf die Menge der roten Blutkörperchen, also ging es über die Quantität.

Der neueste Schrei sind nun jedoch Mittel, die direkt den Hämoglobinanteil im Blut erhöhen, also den direkt sauerstofftragenden molekularen Anteil innerhalb der roten BK. Man geht also jetzt über die "Qualität", wohl mit Hilfe irgendwelcher gentechnisch veränderten, irrsinnig teuren und in ihren Nebenwirkungen noch völlig unbekannten Mitteln (Hämoglobinpolymerisaten). IOC und UCI sollten hier unbedingt sofort einhaken, um nicht schon wieder den Anschluß zu verpassen, wenn das überhaupt gewollt ist?

 

Update vom 4.11.00:
Der gegenwärtige "Festina-Prozess" in Lille/FRA läßt einem das Blut in den Adern gefrieren. Nebst den längst fälligen Geständnissen betroffener Fahrer (Virenque, Herve, Luc Leblanc) sind absolute Bankrotterklärungen von Funktionären (UCI, FFC, Societe de TdF), verpackt in Sonntagsreden, zu hören. Zum Kotzen!

Gut finde ich den agierenden Richter, der wirklich schonungslos alles hinterfragt und manche wie dumme Schuljungen aussehen läßt, oder eben wie Leute, die betrügen oder mithelfen, den Betrug zu verschleiern.

 

Update vom 10.6.01:
Lange schon habe ich nichts mehr zu diesem Thema geschrieben, denn ich kann es -  ehrlich gesagt - schon nicht mehr hören oder lesen, was sich jeder Hanswurst zu diesem Thema herausnehmen darf.

Nicht zuletzt die Geschehnisse beim Giro d` Italia stützen meine These, daß leider alles flächendeckend verseucht ist und sich nichts im Radsport verändert hat - die weiteren Auswertungen der Großrazzia werden leider viel Unangenehmes an das Tageslicht bringen. 

Eines aber ist sonnenklar: der Radsport mit seinen Usancen ist selber daran schuld, wenn ein jeder jetzt mit dem Finger auf die Szene zeigt (z.B. Charly Steeb, Ex-Tennisprofi und Co-Kommentator in Paris bei den French Open: "in den Flaschen sind anders als im Radsport Mineralgetränke drin"). Der Herr Meier von nebenan ist doch gar nicht an differenzierter Aufklärung interessiert, der sagt nur, er habe doch immer gewußt, daß alle Radfahrer dopen.

Ich finde das Vorgehen der italienischen Behörden richtig und wer meinen Aufsatz (s.o.) gelesen hat, mag mein Eintreten für eine europa -, besser weltweite Gesetzesregelung verstehen, welche Dopinganwendung und - besitz als Straftat wertet. Die Jammerei der Rennfahrer (und ihre lächerlichen Streiks), sie würden wie Verbrecher behandelt ..... in Italien ist ein solches Gesetz in Kraft und im Falle eines Falles ist man eben wirklich kriminell! Wie gesagt: selber schuld, ich habe kein Mitleid und bin für noch rigoroseres Vorgehen, auch bei Rennen der niedrigen UCI-Kategorien und bei nationalen Rennen, die ich z.B. genießen darf. 

Geradezu unverschämt und bestürzend, dabei höchst entlarvend finde ich einige der von Hein Verbrugghen gemachten Aussagen. Er behauptet doch u.a. tatsächlich, durch die neuen Kontrollen habe sich das EPO-Problem erledigt! Will uns dieser feine Herr Sand in die Augen streuen? Dieser neue Test weist nur die exogene Applikation von EPO während der letzten drei Tage vor dem Test nach! Was heißt das wohl in der Realität, wenn man als Fahrer Trainingskontrollen aufgrund der Kosten - und Kapazitätsprobleme der neuen Testmethode nicht fürchten muß? Und dann "das neue Bewußtsein im Radsport" - was mag das denn heißen? Sind die dann angeblich 70 (!) ertappten Fahrer beim Giro unbewußt oder asozial oder nicht repräsentativ für das Peloton, selbst wenn sie 50% desselben ausmachen? Der Richter im Festina-Prozess hat den guten Hein nicht umsonst zur Schnecke gemacht!

Der Radsport ist am Scheideweg: "Brot und Spiele" oder die Ethik im Sport (gab es die jemals?), die nächste Zeit wird auf jeden Fall hochinteressant, besonders auf die Reaktion der Politik bin ich sehr gespannt. Und dann müßte endlich einmal der Transfer auf andere Sportarten erfolgen!!!

 

Update vom August 2001:
Laut Online-Dienst vom "New Scientist" haben Forscher des Randox-Labors im britischen Crumlin einen Silikon-Chip für Urinproben zum Auffinden von 25 verschiedenen Anabolika entwickelt. Mit dem Chip ist es möglich, etwa vor großen Sportveranstaltungen, alle Athleten einem Test zu unterziehen. Auf der Chipoberfläche sind Antikörper, die an spezielle Medikamente und ihre Metaboliten binden. Bei einem positiven Test strahlt der Chip fluoreszierendes Licht ab, das Verfahren soll als erstes Screening bei Wettkämpfen verwendet werden.

Einen Test auf gentechnisch hergestelltes Wachstumshormon soll es nun erst bei den OS 2004 geben!

Das IOC hat jetzt dem Münchener Professor Strasburger 460.000 Dollar zur Entwicklung eines Serientests auf HGH bewilligt (siehe dazu auch oben, Aufsatz vom Januar 2000). 

Gentechnisch hergestelltes HGH ist von jenen Wachstumshormonen, die die Hypophyse produziert, kaum zu unterscheiden, da die Hauptform in beiden Fällen absolut identisch ist. Allerdings schüttet die Hirnanhangdrüse außer der HGH-Hauptform auch verschiedene minimal unterschiedliche Varianten von HGH aus, die im synthetisch hergestellten Wachstumshormon nicht vorkommen.

Das Münchener Nachweisverfahren basiert auf der unterschiedlichen Zusammensetzung von Haupt- und Nebenformen des HGH in natürlichen und gentechnisch produzierten Wachstumshormonen.
(Quelle: www.aerztezeitung.de)