E-Mail Hans vom 15.9.1999: Wie man liest, fährst Du ja jetzt auch (gezwungenermaßen) MTB-Marathons. Wie bereitet man sich eigentlich ernährungstechnisch auf so ein Event optimal vor?
Hardi: Kein Teilgebiet der Sportwissenschaften ist so sagen- und mythenumwoben wie das der Sporternährung und auch keines ist so individuell zu handhaben wie dieses, steht doch die Verträglichkeit bei Belastung an erster Stelle. Und doch können wir alle an einigen physiologischen Gesetzmäßigkeiten nicht vorbei. Der limitierende Faktor bei hohen Belastungen im Ausdauerbereich ist die Größe der Glykogenspeicher in Leber und Muskulatur, quasi die "Körner", die uns befähigen, in entscheidenden Rennsituationen noch einen draufzulegen (Zwischensprints, Berg, etc.) oder ein maximal hohes Dauertempo zu leisten. Hoch Ausdauertrainierte verbrauchen in solchen Situationen, da sie die Fettutilisation, d.h. die Verbrennung der Körperfettvorräte via Beta-Oxydation optimiert haben, weniger dieser kostbaren "Körner", als ihre weniger trainierte Konkurrenz und können deshalb im Finale die Intensität noch halten, während andere schon "leer" sind. Sind aber alle etwa gleich gut trainiert (rein theoretischer Fall) oder wird z.B. bei einem MTB-Marathon der KH-Vorrat auf jeden Fall aufgebraucht, nur bei einem früher, beim anderen später, so ist die Größe der Glykogenspeicher (reichen höchstens 90 Minuten max. Intensität im aeroben Bereich) tatsächlich wetttkampfentscheidend, sowohl hinsichtlich des quantitativen Faktors, als auch der Schnelligkeit der Mobilisierung der KH-Vorräte. Durch verschiedene Diätformen vor dem Wettkampf kann man die Größe der Speicher gegenüber einem nichtsporttreibenden Menschen bis auf das Doppelte steigern, theoretisch sogar noch mehr. Da Du Dich speziell auf den MTB-Marathon bezogen hast, schildere ich Dir die extremste Form, die sog. Saltin-Diät. Dabei werden die Muskeln so voll, daß man am Anfang richtiggehend "dicke Beine" hat, das gibt sich aber dann im Rennverlauf. Sieben Tage vor dem Hauptwettkampf erfolgt hierbei die letzte erschöpfende Belastung, danach aber ernährt man sich eiweiß- und fettreich (nur hochungesättigte Fette), um den Kohlehydrathunger weiter, sozusagen ins Unermeßliche zu steigern. Dabei wird die ganze Woche nur ganz leicht trainiert. Vier Tage vor dem Hauptwettkampf wechselt man dann auf eine reine KH-Diät, so daß die Speicher maximal gefüllt werden. Weil die KH-Einlagerung im Verbund mit Wasser einhergeht, muß man eine Gewichtszunahme von 2-3 kg einkalkulieren. Psychisch von Nachteil ist die schwer zu tolerierende EW-Fett-Diät, außerdem schleicht man mit den leeren Depots müde und matt durch die Gegend. Aber dann!!!! Gruß, Hardi |